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Die Entwicklung der Energiepreise

Im Interview mit DI Dr. Hedwig Doloszeski, der Geschäftsführerin des Fachverbands der Mineralölindustrie (FVMI), gehen wir der Frage nach, mit welchen Entwicklungen am Energiemarkt in nächster Zeit zu rechnen ist.

Den Anstieg der Energiepreise in den letzten Jahren ist eine Entwicklung, die alle spüren. Auch wenn die Höchstmarken der Preise für Gas und Öl der Vergangenheit angehören, bleiben sie weiterhin auf hohem Niveau.

Die Geschäftsführerin des Fachverbands der Mineralölindustrie (FVMI) verrät, warum wir nicht so bald mit einer Entspannung rechnen sollten.

Erfahren Sie im vollständigen Interview mit DI Dr. Hedwig Doloszeski wie sich die Energiepreise in Österreich entwickeln werden:

Foto: © FVMI/Fotostudio Interfoto

1. Können Sie einen Ausblick darauf geben, wie sich die Energiepreise in Österreich entwickeln werden? 

Ich gehe nicht davon aus, dass die Preise bald sinken: Das EU-Embargo ist weiterhin aufrecht, und Faktoren wie die steigende Nachfrage durch die bevorstehende Heizsaison, die Auswirkungen von Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele wie z.B. die Novelle der Kraftstoffverordnung und die CO2-Bepreisung wirken sich direkt auf den Preis aus. Auch aufgrund der aktuellen Preispolitik der OPEC ist kein Absinken des Ölpreises zu erwarten. Zusätzlich sind für das Erreichen der Klimaziele massive Investitionen in Netzinfrastruktur und neue Technologien notwendig.

2. Welche Faktoren beeinflussen Ihrer Meinung nach die Energiepreise am stärksten? Sind es geopolitische Ereignisse, Angebot und Nachfrage, politische Entscheidungen oder andere Einflüsse? 

Der Kraftstoffmarkt ist grundsätzlich ein hochgradig volatiler Markt, auf den viele verschiedene Faktoren Einfluss nehmen. Für die Bildung der Tankstellenpreise sind insbesondere die internationale Preisentwicklung für Kraftstoffe, der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro sowie (gerade jetzt) Angebot und Nachfrage entscheidend. Hinzu kommen dann potenzielle geopolitische Einflüsse – aktuell sind das fehlende russische Mengen durch das EU-Embargo. Pauschal lässt sich diese Frage daher nicht beantworten, da es sehr viele einflussnehmende Faktoren sein können.

3. Inwiefern könnte die Entwicklung erneuerbarer Energien die Preise für fossile Brennstoffe beeinflussen? Glauben Sie, dass erneuerbare Energien eine ernsthafte Konkurrenz darstellen? 

Öl und Gas werden in Zukunft – unbestritten – eine geringere Rolle spielen, umso wichtiger ist es, weiterhin das Augenmerk auf eine sichere und leistbare Energieversorgung zu legen. Die Erdölförderung und Produktion kann dabei der finanzielle Motor für die Transformation sein.

Für ein umweltfreundliches und intelligenteres Mobilitätssystem müssen wir auf alternative und nachhaltige Rohstoffe umsteigen. Ich möchte hier aber nicht von Konkurrenz sprechen, sondern besser von Vielfalt. Denn Technologieoffenheit und Energievielfalt sind für das Gelingen der Energiewende wesentlich – das gilt sowohl für Kraftstoffe als auch beim Heizen. Unsere Branche investiert kräftig in Forschung und Entwicklung, denn es wird eine Vielzahl an Zukunftstechnologien brauchen, wie auch die entsprechenden Rahmenbedingunen von Seiten der Politik, damit die Energiewende gelingen kann. 

Die durch den Krieg ausgelöste Energieknappheit hat dazu geführt, dass sich Regierungen und Unternehmen mehr denn je mit dem Ausbau erneuerbarer Energieträger befassen, um die Abhängigkeit von ausländischen Öl- und Gasimporten zu reduzieren. Unter diesem Gesichtspunkt fungiert die aktuelle Energiekrise als Katalysator für die Energie- und Klimawende.

4. Welche Bedeutung haben alternative Energiequellen wie Kernkraft oder Wasserstoff in Bezug auf die Preisentwicklung in der Energiebranche? 

Wir stehen vor der Herausforderung, die Transformation hin zu einem klimaneutralen Energiesystem bis 2050 (2040) erreichen zu müssen. Gleichzeitig ist es erforderlich, die konventionelle – das heißt fossil-basierte Energieversorgung – für einen Übergangszeitraum zu gewährleisten, ohne diesen zu verstetigen. Weltweit haben die Staaten unterschiedliche Ausgangslagen und für jede Region muss eine eigene Lösung entwickelt werden. Herausforderung dabei ist es, die hohe Preisvolatilität und in der Übergangsphase die Balance bei Angebot und Nachfrage zu halten – sowohl bei fossilen als auch erneuerbaren Energieträgern. 

Neben einer Erhöhung der Energieeffizienz sollte der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien mit hoher Priorität angegangen werden. Beide Maßnahmen reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und können sich dämpfend auf die Energiepreise auswirken. 

Wasserstoff soll im Zuge der Energiewende schrittweise Erdgas ersetzen. Hergestellt werden kann er, indem man Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mittels Elektrolyse zerlegt. Unter Einsatz erneuerbarer Energie erhält man grünem Wasserstoff.  

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen grünem Wasserstoff, der in Zukunft in großem Maßstab aus regenerativem Strom hergestellt werden soll, und dem heute überwiegend genutzten grauen Wasserstoff, der aus fossilem Erdgas gewonnen wird. In beiden Fällen werden große Energiemengen benötigt. Das Thema „grüner Wasserstoff” hat sich zu einem globalen Thema entwickelt. Anwendungsbereiche sind in der Industrie, in der Landwirtschaft und in der Mobilität speziell in Bereichen, wo eine Elektrifizierung nicht möglich ist. Um den Bedarf an grünem Wasserstoff in Österreich zu decken, werden Importe notwendig sein. Für den Wasserstoffhochlauf müssen wichtige Grundvoraussetzungen wie staatliche Unterstützungen, regulatorische Flexibilität und eine Zielperspektive geschaffen werden, um damit Anreize zu setzen, die Finanzierung zu ermöglichen und Risiken zu minimieren.

Wegen des relativ geringen Ausstoßes von CO2 wird Kernenergie in der Klimadiskussion als mögliche Option gesehen, und viele Länder setzen auf Atomkraft als Instrument zur Erreichung der Klimaziele. Österreich lehnt Kernkraft grundsätzlich ab.

5. Wie könnten klimapolitische Maßnahmen wie etwa das Pariser Abkommen die Preise für fossile Brennstoffe beeinflussen? 

Bei allen Maßnahmen, die sich aus der Umsetzung des Abkommens von Paris ergeben, sollen der Wirtschaft möglichst keine zusätzlichen bürokratischen oder finanziellen Belastungen entstehen und gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen im internationalen Kontext gewahrt bleiben. Daher ist es besonders wichtig neben der nationalen Klimaschutzpolitik vor allem globale Lösungen unter Einbeziehung der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer anzustreben. 

6. Gibt es bestimmte Regionen oder Länder, die Ihrer Meinung nach eine besondere Auswirkung auf die Weltenergiepreise haben? 

In Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung ist hier neben China vor allem Indien zu nennen. Indiens Bevölkerung und Wirtschaft wachsen rasant und damit der Energiebedarf. Auch das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial afrikanischer Länder ist enorm und bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Noch ist der Kontinent von Energieengpässen und dem weltweit niedrigsten Primärenergie-Verbrauch pro Kopf geprägt. 

7. Welche Strategien empfehlen Sie Verbrauchern und Unternehmen, um sich auf mögliche Veränderungen der Energiepreise vorzubereiten?

Mein Tipp: Anbieter und Preise vergleichen. Unsere Mitgliedsunternehmen sind bestrebt, die Preisentwicklung an ihren Tankstellen transparent zu kommunizieren und darzustellen. Über Apps und Internet können die Konsumenten die aktuellen Spritpreise jederzeit und ortsungebunden überprüfen.