Wie setzt sich der IRA zusammen und welche Gefahren lauern dabei für Europa?

Neben einem Sozialpaket (ca. 64 Mrd. US-Dollar sind für das Gesundheitswesen vorgesehen), wurde mit knapp 375 Mrd. US-Dollar ein umfangreiches Klimaschutzpaket geschnürrt. Die Mittel sollen in den kommenden 10 Jahren in Form von Zuschüssen, Steuergutschriften und Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Damit soll in den unter anderem der Ausbau Erneuerbarer Energieerzeugung gefördert, die Energieeffizienz in Privathaushalten verbessert und Emissionen von Gas- und Kohlekraftwerken sowie landwirtschaftlichen Betrieben, Häfen und Gemeinden reduziert werden.

Verbraucher sollen durch Steuererleichterungen dazu animiert werden, umweltbewusster zu handeln. Eine davon ist eine 10-jährige Steuergutschrift für Investitionen in Wind- und Solarenergie. Zudem gibt es Steuererleichterungen für den Kauf von Elektrofahrzeugen, darunter eine Steuergutschrift in Höhe von 4.000 US-Dollar für den Kauf von gebrauchten Elektrofahrzeugen und 7.500 US-Dollar für neue Fahrzeuge.

In der Europäischen Union wird das neue Engagement Washingtons für die Energiewende durch den IRA zwar begrüßt, man befürchtet jedoch, dass das Gesetz europäische Unternehmen benachteiligt und zur Abwanderung in die USA führt. Auf Kritik stoßen in der EU die protektionistischen Vorschriften des IRA. Denn die geplanten Subventionen und Steuererleichterungen sind im wesentlich nur für Unternehmen vorgesehen, die in den USA produzieren beziehungsweise für Produkte, die im Land hergestellt werden. So sind etwa allein 207 Milliarden US-Dollar des Gesamtpakets an die Bedingung geknüpft, dass der Kauf von E-Autos nur subventioniert wird, wenn ihre Batterien in Nordamerika (Nafta-Raum) hergestellt werden.

Kommen die Batterien etwa aus Asien (v.a. China), wie bei einer Vielzahl europäischer E-Autos, kann deren Kauf in den USA nicht gefördert werden. Das nährt in der EU die Befürchtungen, dass viele europäische Industriebetriebe auf die andere Seite des Atlantiks abwandern könnten – zumal dort die Energiepreise derzeit um ein Vielfaches niedriger liegen als in Europa.

Innerhalb der EU ist bereits die Forderung aufgekommen, dass man hier mit einer noch verstärkten Unterstützung der eigenen Unternehmen zu reagieren habe. Allerdings verhindern bislang EU-Beihilfevorschriften, dass EU-Staaten Unternehmen, die sich in Europa niederlassen bzw. verstärkt investieren wollen, genauso großzügige Steuererleichterungen gewähren, wie dies in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich mittlerweile in Europa verstärkt Stimmen mehren (so auch innerhalb der EU-Kommission), einige Wettweberbsregeln entsprechend zu lockern und eine neue Runde an Unterstützungen bereitzustellen bzw. Teile des IRA zu kopieren.

Nicht alle teilen in Europa die Sorgen der Politik

Europäische Wirtschaftsvertreter und Handelsexperten sehen die Situation etwas differenzierter: Der Großteil der Subventionen des IRA ist aber nicht zwingend an den Kauf nordamerikanischer Güter gebunden. Auch Investoren und Zulieferer aus Europa können von den Förderinstrumenten profitieren – ganz besonders nennen hier Branchenvertreter die Bereiche Anlangen- und Kraftwerksbau, Hersteller von Solarmodulen und -Zellen usw.

Deutlich leichter haben es jedoch jene europäischen Unternehmen, die auf beiden Seiten des Atlantiks produzieren bzw. präsent sind. Unter Wirtschaftsvertretern ist man sich auch einig, dass der IRA kaum neue Handelsschranken aufbauen wird. Doch die EU gerät unter Druck, selbst die Rahmenbedingungen für nachhaltige Investitionen zu verbessern – problematisch kann es u.a. für die europäische Auto- und Wasserstoffwirtschaft werden.

Wie bereits oben erwähnt gibt es dem IRA zufolge Steuererleichterungen nur für E-Autos, die im Nafta-Raum (USA, Kanada oder Mexiko) endmontiert werden. Ab 2025 dürfen die Akkus zudem nicht mehr in für die USA problematischen Staaten (gemeint ist hier in erster Linie China) hergestellt werden. Verteter der europäischen Autoindustrie erwarten bei den Klauseln zu lokalen Vorprodukten und zur Endmontage die größten Auswirkungen auf die europäische Industrie.

Beim sauberen Wasserstoff gibt es nur Steuererleichterungen, wenn dieser in den USA hergestellt wurde. Europäische Branchenvertreter sehen hier das Risiko, dass dadurch amerikanische Hersteller einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Sollte auch hier die europäische Politik nicht die förderrechtlichen Rahmenbedingungen verbessern, kann es zur Abwanderung heimischer Hersteller kommen.

Für die kommenden Wochen sind noch Verhandlungen für eine mögliche Kompromisslösung zwischen den amerikanischen und europäischen Vertretern anberaumt. Sollte jedoch keine Einigung erziehlt werden, ist Europa gefragt, potentiell gefährderten Bereichen fördertechnisch verstärkt unter die Arme zu greifen. Sobald es hier konkrete Entwicklungen gibt, melden wir uns mit einem Update.

Bei Fragen freut sich unser Kollege Mitja Martin Miksche, Tel. +43 676 73 50 100, mitja.miksche@firstwest.at, auf eine entsprechende Kontaktaufname.